Als Papst Franziskus im letzten Herbst ein „Jahr des geweihten Lebens“ ausgerufen hat, haben Sie sich vielleicht erst einmal ein paar Fragen gestellt: Was ist eigentlich „geweihtes Leben“? Wer lebt so? Und: Wozu ist das gut? Die kurzen Antworten auf diese Fragen, um die mich Pfr. Näder gebeten hat, versuche ich als Theologin zu geben. Da ich aber als virgo consecrata („geweihte Jungfrau“) auch selbst ein „geweihtes Leben“ führe, sind es zugleich auch meine persönlichen Antworten. Auf alle gestellten Fragen würden einzelne geweiht lebende Menschen wohl unterschiedlich antworten. In Marburg leben eine ganze Reihe Menschen so, katholische und evangelische: die Diakone und Priester, die Vinzentinerinnen, die evangelischen Diakonissen - fragen Sie sie einmal nach ihren persönlichen Antworten! Ich garantiere Ihnen ein für beide Seiten spannendes und bereicherndes Gespräch.
Das Wort „Weihe“ wird im Deutschen im Zusammenhang mit einer Person gebraucht, die bleibend zu Gott gehört. Jemand, der sich für ein geweihtes Leben entscheidet, sagt damit: In meinem Leben gibt es jemanden, dem ich mich mit allem, was ich bin, habe und tue, anvertraue, und dieser Jemand ist Gott. Die Kirche feiert solche Lebens-Weihen in besonderen Segenshandlungen (Ordensprofess, Jungfrauenweihe). In manchen Weihehandlungen überträgt die Kirche auch besondere Aufgaben, etwa in der Diakonen-, Priester- oder Bischofsweihe die Verwaltung der Sakramente. Mit „geweihtem Leben“ sind aber in erster Linie nicht diejenigen Weihen gemeint, die Männern ein Amt in der Kirche anvertrauen, sondern Frauen und Männer, die den Platz, den in ihrem Leben normalerweise ein Ehepartner einnehmen würde, für Gott freihalten und deshalb ehelos leben möchten.
Mönche und Nonnen, Ordensschwestern und -brüder, geweihte Jungfrauen, Angehörige von Säkularinstituten oder von neuen geistlichen Gemeinschaften, auch einige Männer und Frauen, die sich ein solches Leben persönlich vornehmen und es privat vor Gott, manchmal entgegengenommen durch einen Priester, versprechen. Die meisten Menschen, die so leben wollen, schließen sich einer Gemeinschaft an. Mit ihren Mitbrüdern oder -schwestern teilen sie ihr Leben und meistens auch bestimmte Tätigkeiten (z.B. Krankenpflege, Sorge um Kinder und Jugendliche, Glaubensvermittlung oder auch das fürbittende Gebet für alle Menschen in einem Kloster). Andere leben in Gemeinschaft oder auch allein, haben aber jeweils ganz verschiedene Aufgaben und gehen unterschiedlichen Berufen nach. Gemeinsam ist allen, dass sie das, was sie tun, als konkreten Ausdruck ihrer Beziehung zu Christus zu leben versuchen. Sie sind so gewissermaßen mit ihrer ganzen Person ein Ausdruck für die Liebe und Zuwendung Christi selbst zu allen Menschen, mit denen sie zu tun haben.
Das ist wahrscheinlich die spannendste Frage. Sicher kann jede/r Angehörige des Standes des geweihtes Lebens Ihnen eine ganze Liste an Tätigkeiten nennen, die Ihnen gut und sinnvoll vorkommen werden, von seinem Gebet bis zu den kleinen und großen Gelegenheiten, bei denen er oder sie für konkrete Menschen da ist. Aber eigentlich entkräftet das das Argument, was vielerorts zu hören ist, nicht: „Dafür muss ich (heute) doch nicht in einen Orden eintreten. Kann man das nicht auch ohne ein ‚geweihtes Leben‘ zu führen und auf alles Mögliche zu verzichten?“ Die Antwort ist eindeutig: Ja, das kann man. Wenn ich dennoch meine, dass Menschen, die ein geweihtes Leben führen, gestern, heute, morgen und auch noch übermorgen für die Kirche und die Welt sinnvoll und notwendig sind, liegt das nicht daran, dass sie etwas tun, was nur sie allein tun könnten. Es liegt für mich daran, dass die gottgeweihten Männer und Frauen durch ihre Lebensform und ihr konkretes Leben uns alle sozusagen in Fleisch und Blut an etwas erinnern, das Gott nicht nur ihnen, sondern allen Getauften und letztlich allen Menschen sagen will: Dass es ihn gibt; dass er ein lebendiges Gegenüber ist, eine real existierende Person, mit der ich in Beziehung treten kann und die sich genau das wünscht. Und dass wir auf ein Leben zugehen, das erfüllt ist von dieser Beziehung, in der wir jetzt auch schon leben, die wir aber nicht unbedingt jederzeit so klar vor Augen haben. Die uns aber zunehmend erfüllen und glücklich machen will.
Auf diesem Weg möchte ich ihnen etwas über meinen Berufungsweg zum Priestertum erzählen.
Als ich vor großen Entscheidungen über mein Leben nachdachte, konnte ich Gottes Spuren in meinem Leben entdecken. Das sind Situationen im Leben bei denen ich sage das ist nicht zufällig passiert, da hat Gott gewirkt.
Und diese Situationen, die mich bis hierhin geführt haben fingen schon an als wir mit der Familie nach Marburg kamen. 1996 zogen wir in die Fr.-Ebert-Str. und damals hörte Pfarrer Vey, dass eine katholische Familie in seine Gemeinde gezogen ist. Und so besuchte er uns und lud uns am Sonntag in die Messe ein. Und als wir dann am Sonntag in die Messe gingen hat er uns vor der Kirchentür begrüßt und mich und meinen Bruder Mladen etwas gefragt. Da wir aber kein Deutsch konnten und man einem Pfarrer immer ja sagt, sagten wir zu ihm einfach ja. Er nahm uns dann in die Sakristei mit zog uns die Messdienerkleidung an und so standen wir vorne am Altar und wussten nicht wie uns geschieht.
Mein Bruder und ich wurden freundlich in die Messdienergruppe damals aufgenommen und das führte dazu, dass wir durch unsere damalige Messdienerleiterin Gudrun Nassauer den damaligen Schulpfarrer von Amöneburg, nämlich den Pfarrer Peter-Martin Schmidt kennenlernten. Er hat uns dann zu vielen Wallfahrten, Exerzitien im Alltag und Jugendveranstaltungen mitgenommen.
Vielleicht kann ich an dieser Stelle eine Anekdote erzählen: Mein Bruder und ich konnten damals dann schon ein bisschen Deutsch aber wir kannten noch nicht das Wort Fußwallfahrt. Und Pfarrer Schmidt lud uns zu einer Fußwallfahrt ein, aber wir haben Fußballfahrt verstanden und so meldeten wir uns voller Begeisterung an. Bei der Wallfahrt fragten wir dann den Pfarrer wann wir endlich Fußball spielen. Und er guckte da nur erstaunt. Seitdem waren wir bei vielen Wallfahrten dabei und es wurde auch jedesmal Fußball gespielt.
Dies alles führte dann dazu, dass ich bei einer dieser Veranstaltungen bei einem Vortrag über Jesus und die Heiligen so tief im Herzen berührt wurde, dass ich mich entschied mein Leben nach dem Glauben leben zu wollen. In dieser Zeit fing ich an mit Freunden auszugehen und die Mädchen wurden auch interessant. Doch ich hielt weiterhin an meiner Entscheidung fest, so dass ich bei manchen Sachen, die dem Glauben nicht entsprachen nicht mitmachte.
Ich machte eine Ausbildung zum Elektroinstallateur fertig und dann ermutigten mich Pfarrer Schmidt und ein Freund von mir, nämlich Marco Bonacker Abitur nachzumachen. Und so entschied ich mich mein Abitur zu machen. Ich weiß nicht ob Pfarrer Schmidt da schon hoffte, dass ich dann Theologie studiere, aber mir war das da noch nicht klar. Wenn ich damals gefragt wurde ob Priester sein nicht auch etwas für mich wäre antwortete ich nur: wir brauchen auch gute christliche Familien.
Aber während meiner Abiturzeit fragte ich mich immer mehr was ich in meinem Leben machen will, was ich mit meinem Leben anfangen will. Und in dieser Zeit wurde auch die Frage ob Priester sein nicht auch etwas für mich wäre immer stärker, so dass ich dann viel über mein Leben nachdachte, viel darüber betete und auch Wallfahrten zum Marienwallfahrtsort in Medjugorje machte. Und dabei bemerkte ich die Gottesspuren in meinem Leben, die mich meine Berufung erkennen ließen. So entschied ich mich ins Seminar einzutreten und Priester werden zu wollen. Und so stehe ich nun kurz vor meiner Priesterweihe und freue mich darauf.
In der Heilige Schrift finde ich die Richtschnur für mein Leben „Der Herr ist mein Licht und mein Heil“ am Ordensleben fasziniert mich die Ausrichtung auf Gott Diese wird besonders in der Feier der Liturgie sichtbar. Der Dienst an der Kirch im Dienst am Nächsten!
Das Jahr des geweihten Lebens wird ein Segen, wenn unser Leben beispielhaft die Nachfolge Christi zeigt. Wenn unser Leben ausstrahlt, werden Berufungen nicht ausbleiben.
„... ob er/sie wahrhaft Gott sucht.“ (RB 58,7)
Der Einladung, zum „Jahr der Orden“ im Pfarrbrief der Gemeinde meiner Eltern (und ehemals meiner Großeltern) einen kleinen Beitrag aus der Perspektive einer Benediktinerin zum Thema „Berufung“ zu schreiben, bin ich gerne gefolgt. Persönlich ist mir das Wort „Berufung“ zunächst immer sehr realitätsfern und wenig einladend vorgekommen. Damit schien ein „Sonderstatus“ verbunden zu sein, der einen Menschen in eine andere Sphäre hebt, sei diese nun positiv oder negativ besetzt. Wenn ich mir heute jedoch mein Leben als Benediktinerin, d.h. ein Leben nach der Regel des Hl. Benedikt von Nursia (480 – 548/60) anschaue, so ist es durchaus ein Leben, in dem es um einen konkreten „Ruf“ geht: „Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht“ (RB Prolog, 15), so fragt der Prolog der Regel. Diese Frage, dieser Ruf, diese Einladung gilt grundsätzlich jedem Menschen. Denn der Adressat, die Adressatin wird mit einem „wer immer du bist“ (RB Prolog, 3) benannt. Später in der Regel, wenn es um die Aufnahme der Brüder (bzw. Schwestern) in die Gemeinschaft geht, wird als „Hauptkriterium“ genannt, „ob er/sie wahrhaft Gott sucht.“ (RB 58,7). Vielleicht ist das eines der Paradoxe des benediktinischen Lebens und des Ordenslebens überhaupt: einerseits gibt man klar Antwort auf einen Ruf, eine Sehnsucht, von der man spürt, dass sie von Gott kommt und nur in Gott ihre Erfüllung findet. Andererseits bedeutet das Ja der Profess, mit dem man sich öffentlich an Gott, der in Jesus Christus Mensch geworden ist, bindet, ein Ja zu einer bleibenden Gottsuche, ein Ja zu einem Gott, der sich immer wieder als der ganz Andere erweist. Dazu kommt im Ordensleben benediktinischer Prägung, dass dies in einer Gemeinschaft geschieht. D.h. der Ort der Gottsuche ist kein leerer Raum, sondern diese konkretisiert sich im Leben in und als Gemeinschaft. Das Leben mit Menschen, die ich mir nicht unbedingt ausgesucht habe, ist die tagtägliche Chance und Herausforderung, Gott zu finden.
Die Benediktsregel schafft mit ihrem Tagesrhythmus, in dem Zeiten für Gebet und Arbeit und – oft vergessen – für das Lesen der Bibel und anderer geistlicher Schriften einander ablösen, der Gottsuche Raum. Dieser Raum wird indes nicht nur für diejenigen im Kloster bereitgestellt, sondern genauso für die Gäste „die dem Kloster nie fehlen“ (RB 53,16). Gastfreundschaft ist so gleichfalls Raum der Begegnung mit Gott, aber auch Raum der Begegnung untereinander.
[www.abteiburgdinklage.de]
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JESUS
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